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TopCC DECKT AUF | clever & charmant 47 Geschichte zum Geniessen Wer Althergebrachtes mag, wird das Wasserschloss Hagenwil lieben. Seit sieben Generationen ist hier die Familie Angehrn eng mit Land und Leuten verbunden. Die Geschichte der 200 Jahre alten Gaststätte reicht aber noch erheblich weiter zurück. M eterdicke Mauern, Wassergraben, Zugbrücke – so wehrhaft sich das historische Gebäude von aussen präsentiert, so zugänglich und sympathisch ist der Schloss- herr. Andi Angehrn ist seit 13 Jahren Gastgeber im Wasserschloss Hagenwil. Einem modernen À-la-carte-Restaurant, das auch Leckerbissen für Freunde mittelalterlicher Kultur und Archi - tektur bereithält. Seit sieben Generationen schalten und wal- ten die Angehrns in diesen Gemäuern. Ob es einen roten Faden gibt, der sich durch diese lange Zeit spannt, wollen wir wissen. «Die Ver- bundenheit zur Bevölkerung und zum Ort. Wir sind immer Bauern gewesen», sagt Andi, aus- gebildeter Koch und Hotelfachwirt. «Ich bin die erste Generation, die fast nur noch in der Gas- tronomie aktiv ist – die Landwirtschaft ist ver - pachtet, nur den Rebberg bewirtschaften wir noch selbst.» Von Balken und Sponsoren Wir sitzen im so genannten Wehrgang mit Blick in den Innenhof und auf den Turm, den ältes- ten Teil der Anlage. Er stammt ungefähr aus dem Jahr 1200. Der Bereich, in dem wir uns befinden, wurde vergangenes Jahr saniert und zu einem modernen Restaurantraum ausge- baut. Gebäude mit mehreren Hundert Jahren Geschichte halten unzählige Aufgaben – um nicht zu sagen Herausforderungen – bereit. Andi nimmt sie gerne an, sagt er: «Bei Um- bauten muss man sich in die Materie hinein- arbeiten. Wir sind eigentlich immer dran am Restaurieren und Sanieren – und in der glück- lichen Lage, dass wir den Verein Freunde vom Wasserschloss Hagenwil als Gönnerverein im Rücken haben.» Obwohl es Förderungen von Gemeinde, Kan - ton und Eidgenossenschaft gab, mussten die Bauherren noch für einen grossen Teil selbst aufkommen. Die Kosten stiegen während der Arbeiten immer weiter und die Angehrns und der Verein mussten kreativ werden. Sie suchten kurzerhand Stuhlsponsoren, die einzelne Stühle im Gastraum erwerben und sich so einbringen konnten. Die Aktion hat sich gelohnt. Es ist ein stilvoller Ort mit freigelegten, alten Decken- balken entstanden. Sie verleihen heute dem Wehrgang sein historisches Flair. →
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48 clever & charmant | TopCC DECKT AUF «Es ist sehr spannend, so viele Räume und verschiedene Atmosphären zu haben.» Andi Angehrn Andi Angehrn, verheiratet, 3 Kinder, ist Gastgeber im Wasser- schloss Hagenwil – ein Ort, der Geschichte und Gastfreundschaft verbindet. Auch im alten Mostkeller unterhalb des Turmes begegnet man mächtigen Balken. Sie sind auf das Jahr 1420 datiert und halten den Lasten «wohl mehr aus Gewohnheit, denn aufgrund statischer Berechnung stand», wie ein Sachver- ständiger einmal lakonisch bemerkte. Darüber liegt die ehemalige Kornkammer, ganz oben der Schloss-Saal mit schönem Kachelofen und stilecht erneuerten Butzenscheiben. Er ist das Prunkstück der Anlage und bietet bis zu 120 Gästen Platz zum Feiern. Küche von hier Eine andere Aufgabe, der sich Andi leiden- schaftlich widmet, ist das Restaurant. Es ist regional und saisonal ausgerichtet. Andi: «Es klingt zwar abgedroschen, trotzdem haben wir von Anfang an auf diese Karte gesetzt.» Mit Bauern über die Produkte reden, in der Küche ungemütlich sein und immer wieder Regionali- tät und Kreativität einfordern, im Service mit- helfen und das Feedback der Gäste direkt mit- bekommen – das sind Dinge, die ihn erfüllen. Kulinarisch will Andi jedoch bewusst nicht auf Gourmet-Spielereien setzen. Ihm gehe es nicht um Punkte, sondern ums Essen und ums Wohl- fühlen. «Wir können uns ganz gut selbst moti - vieren, um gut zu sein.» Neben der regionalen Küche ist es wieder der geschichtsträchtige Bau, der den Unterschied macht: «Es ist sehr spannend, so viele Räume und verschiedene Atmosphären zu haben», er- klärt Andi und führt uns in den Rittersaal, die Kapelle, das Himmelbettzimmer und weiter ins Grossmutterstübli. Von urig über prachtvoll bis romantisch. Hier findet sich für jeden Anlass der passende, einzigartige Raum. Deshalb wird das Wasserschloss auch gerne für Trauungen genutzt. Rund 100 Hochzeitsfeiern finden hier pro Jahr statt – drinnen, draussen auf dem Rebberg und im Wassergraben. Denn es gibt auch ein Floss für Apéros. Andi hat es während des Lockdowns 2020 mit Hilfe seines Schwa- gers und Freunden selbst gebaut. Die spezielle Umgebung spielt auch eine wich- tige Rolle bei den Theateraufführungen, die seit zwölf Jahren jeden Sommer im Innenhof organisiert werden. Die Inszenierungen wer- den von einem Regisseur mit wechselnden Ensembles einstudiert. «Die Idee ist, dass die Stücke zum mittelalterlichen Rahmen passen», erklärt der Burgherr. In vino veritas Andis dritte Lieblingsaufgabe: draussen im Rebberg mithelfen. «Ich bin sehr gern draus- sen, aber oft reicht leider die Zeit nicht dafür.» Vergangenen Winter wurde ein Viertel der Re- ben entfernt. Zwei Männer sind gerade damit beschäftigt, die neuen PiWi-Reben zu schnei - den. Das sind – passend zum Ort – wehrhafte, pilzwiderstandsfähige Züchtungen, die mit we- niger Pflanzenschutzmitteln auskommen und so den ökologischen Landbau ermöglichen. Auf die Frage, welches denn sein Lieblingswein sei, antwortet Andi grundehrlich: «Eigentlich müsste ich jetzt sagen, unser eigener. Aber den kenne ich inzwischen zur Genüge. Es gibt einen Haufen guter Weine, da kann ich mich nicht entscheiden.» •